Warum lieben wir den Chorgesang so sehr?

Die Stimme gilt als ein Spiegelbild unserer Seele. Mit ihr reden, schreien, flüstern und krächzen wir. Unendlich viele Töne lassen sich ihr entlocken. Wer aber viel singt, tut aktiv etwas für seine Gesundheit. Er schützt sich vor Erkältungen und stärkt sein Immunsystem, entdeckten kürzlich Wissenschaftler vom Institut für Musikpädagogik der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main.

 

Die Forscher untersuchten die Speichelproben der Mitglieder eines Kirchenchores, die das Requiem von Mozart sangen. Nach der Chorprobe war die Anzahl der Immunglobuline A, die in den Schleimhäuten sitzen und Krankheitserreger bekämpfen, stark gestiegen. Wenn die Chormitglieder dagegen Mozarts Musik nur vom Band hörten, blieb die Anzahl der Antikörper unverändert.

Schon zehn bis 15 Minuten Singen und Trällern reichen aus, um das Herz-Kreislauf-System auf Trab zu bringen. Die Atmung intensiviert sich, der Körper wird besser mit Sauerstoff versorgt. Profisänger besitzen sogar eine deutlich erhöhte "Herzratenvariabilität", die die Schwingungsbreite der Herzfrequenz anzeigt, und sind so fit wie Dauerläufer.

In manchen Fällen wirkt Singen wie ein "Anti-Depressivum", meint Musiktherapeut Bossinger.

"Ich habe immer wieder erlebt, dass es Menschen mit seelischen Problemen sehr helfen kann, wenn sie in der Gruppe singen", erzählt Bossinger. Schon im Alten Testament wird berichtet, dass Musik Depressionen heilen kann.

Die moderne Forschung hat die gemütsaufhellende Wirkung des Singens in mehreren Untersuchungen nachgewiesen. Schon nach dreißig Minuten Singen produziert unser Gehirn erhöhte Anteile von Beta-Endorphine, Serotonin und Noradrenalin. Stresshormone wie zum Beispiel Cortisol werden praktischerweise gleich mitabgebaut.


Über drei Millionen Menschen in Deutschland singen in Chören. Sie sind in der Regel lebenszufriedener und ausgeglichener und besitzen mehr Selbstbewusstsein als Nichtsänger, wie der Münsteraner Musikpsychologe Karl Adamek herausgefunden hat. Beim regelmäßigen Singen verbinden sich die Synapsen im Gehirn neu - und machen den Sänger klüger.

Singen scheint sogar einen lebensverlängernden Einfluss zu haben. Schwedische Forscher untersuchten in den neunziger Jahren über 12 000 Menschen aller Altersgruppen und entdeckten, dass Mitglieder von Chören und Gesangsgruppen eine signifikant höhere Lebenserwartung haben als Menschen, die nicht singen. Aber die schönste Sache am Chorgesang ist immer noch das tolle Gemeinschaftsgefühl und der Stolz nach einer erfolgreichen Einstudierung oder eines gemeisterten Auftrittes!

 

 

Quelle: www.welt.de  - Artikel von Angelika Friedl: "Warum Singen gesund ist"